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«Laufen für die Spuren im Schnee»

Erlebnisbericht von Silvia Nüesch

Seit mich das Laufvirus gepackt hat, gab es nie eine richtig lange Laufpause. Warum auch? Das Laufen lässt mich die Jahreszeiten in der Natur intensiver erleben. Ihre Farben und Gerüche. Ihre Kraft und Unberechenbarkeit. Darum ist jeder Lauf auch ein kleines Abenteuer. Und je grösser die Überwindung war, trotzdem die Laufschuhe zu schnüren, desto besser fühle ich mich danach. Gerade auch im Winter.

Los geht's

Letzte Nacht ist Schnee gefallen in Berner Oberland. Die Landschaft ist in eine weiche Schneedecke gehüllt und wenn die Sonne durch die Äste scheint, glitzert es rundherum. Wunderschön. Da gibt es kein Halten mehr. Im Winter begleiten mich Trailschuhe mit guter Sohle bei meinen Abenteuern. Warme Tights, ein Langarmthermoshirt drunter und ein funktionelles Laufshirt drüber. Stirnband und Handschuhe. Los geht’s.

Glitzerndes Schneeparadies

Selbst wenn die Luft am Anfang klirrend kalt ist, nach wenigen Minuten in einem lockeren Tempo ist mir jeweils warm genug. Querfeldein ist der Schnee jetzt federleicht und knirscht bei jedem Schritt unter meinen Füssen. Vor mir liegt ein glitzerndes Schneeparadies. Und war das nicht gerade ein Reh am Waldrand? Das Schönste beim Laufen im Winter ist aber die Ruhe. Wie wenn der Schnee alle Geräusche die da sonst so sind, einfach weg geschluckt hätte. Ich bahne mir weiter meinen Weg, lass meine Gedanken tanzen. Laufen ist Leben. Diese Glücksmomente sind für mich unbezahlbar und geben mir noch Tage später Energie im Alltag.

Natürlich sind nicht alle Schneeläufe einfach nur wunderschön. Wenn plötzlich eisiger Wind aufzieht und Schneeflocken gegen das Gesicht peitschen, nehme auch ich in der Regel den kürzeren Weg zurück. Ausser ich will es wissen. Dann wird der Weg zum Ziel und das Wetter mutig ausgeblendet. Das Glücksgefühl danach ist einfach zu schön.

 
 
 
 

Laufen im Schnee

Beim Laufen im Schnee passe ich die Schrittlänge etwas an und nehme Tempo raus. Kleinere und flachere Schritte machen sicherer. Der Winter ist nicht die Zeit für persönliche Bestleistungen. Jetzt geht’s um etwas anderes: Grundlagenausdauer trainieren, an der Lauftechnik feilen und einfach geniessen. Das Laufen im Schnee beansprucht auch die Fuss- und Wadenmuskulatur stärker als das gewöhnliche Laufen. Der Untergrund ist rutschig und je nachdem wird häufig zwischen Vorfuss- und Mittelfuss gewechselt. Darum sind meine Schneeläufe meist auch kürzer als andere Läufe.

Der Winter ist für mich aber auch die Zeit, in der ich mehr polysportiv trainiere. Denn das Herzkreislaufsystem unterscheidet nicht, ob es nun beim Schwimmen oder Langlaufen gefordert wird. Gerade Letzteres habe ich vor einigen Jahren für mich entdeckt. Das Dahingleiten in der freien Natur ist herrlich erfrischend. Doch ans Laufen kommt auch das nicht heran. Dieses beflügelnde Gefühl, das beim leichten Dahintraben aufkommt. Dieser Rhythmus, der den ganzen Körper erfasst. Darum geht es auch nie lange, bis ich wieder voller Vorfreude meine Laufschuhe schnüre. Selbst bei Wind und Schnee.

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