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Intervalltraining für Läufer/innen

Das Intervalltraining verspricht grössere Effekte in kürzerer Zeit. Warum ist das Intervalltraining so effektive? Was gibt es zu beachten? 

Was ist Intervalltraining?

Im klassischen Dauerlauf hältst du dein Tempo über eine längere oder gar die ganze Laufstrecke konstant. Dauerläufe finden unter aerober Energiebereitstellung statt (siehe Exkurs). Idealerweise liegt deine Herzfrequenz hier bei rund 70% deiner maximalen Herzfrequenz. Deine Muskeln gewöhnen sich durch wiederholte Dauerläufe an die Belastungen bei langen Läufen. So steigert dein Körper die Kapazitäten zur Sauerstoffaufnahme und -verarbeitung. Deine Grundlagenausdauer steigt. Diese bildet das Fundament des Laufsports und sollte idealerweise den Grossteil des Trainingsvolumens darstellen.

Im Gegensatz zum Dauerlauf variierst du im Intervalltraining die Trainingsintensitäten während des Laufes relativ stark. Im klassischen Intervalltraining wechseln sich schnelle und intensive Belastungsphasen mit langsameren Erholungsphasen (auch Trabpausen) ab. Belastungsphasen kannst über eine zu absolvierende Distanz (i.d.R. 400m bis 1.5km) oder über eine Zeit (i.d.R. 1 bis 5 Minuten) definieren. Ein Beispiel für zeitliche Intervall ist beispielsweise das polnische Fahrtspiel. Analog verhält es sich mir den Erholungsphasen. Diese können über die zu absolvierende Distanz (z.B. 200/400m), Zeit (z.B. 2 bis 3 Minuten) oder zu erreichende Herzfrequenz (z.B. 75% deiner maximalen Herzfrequenz) definiert werden.  

«Es gibt wissenschaftliche Studien, die darauf hindeuten, dass die Ausdauer ab einem gewissen Trainingsumfang nicht mehr nur durch Dauerläufe verbessert werden kann.»

Im Laufsport unterscheidet man grundsätzlich zwei Methoden von Intervalltrainings: Das extensive und das intensive Intervalltraining. Beim extensiven Intervalltraining sind die Belastungsphasen weniger intensiv, dafür aber länger oder werden häufiger wiederholt. Extensive Intervalleinheiten finden im Bereich oder leicht unter der Laktatschwelle (auch anaerobe Schwelle) statt. Beim intensiven Intervalltraining sind die Belastungsphasen kürzer aber intensiver. D.h. du kommst näher an deine Belastungsgrenze. Intensive Intervalleinheiten finden in der Regel über der Laktatschwelle, also im anaeroben Bereich statt (auch bekannt als Sauerstoffschuld).

Effekt des Intervalltrainings

Es gibt wissenschaftliche Studien, die darauf hindeuten, dass die Ausdauer ab einem gewissen Trainingsumfang nicht mehr nur durch weitere Dauerläufe verbessert werden kann.

Beim Intervalltraining zwingst du deinen Körper, sich ständig an neue Anforderungen anzupassen. So «lernt» dein Körper sich schnell an hohe Belastungen zu adaptieren und sich danach schnell zu erholen und das Laktat im Blut abzubauen. Dadurch kannst du die Laktattoleranz bzw. die Laktatschwelle verschieben und so deine Leistungsfähigkeit verbessern.

Bei einem Intervalltraining sind die Reize an die Muskulatur unterschiedlicher als bei einem Dauerlauf. Durch das Intervalltraining erhöht sich die maximale Sauerstoffmenge (auch VO2max), welche unter Belastung aufgenommen werden kann. Je mehr Sauerstoff zu den Zellen transportiert werden kann, desto schneller (und länger) kannst du im aeroben Bereich laufen.  Deine Laktatschwelle verschiebt sich. D.h., du erreichst du den anaeroben Bereich später. Genau dies ist das Ziel für dich als Läufer/in. Die Energiebereitstellung im aeroben Bereich ist viel effizienter und kann um ein vielfaches länger aufrechterhalten werden (siehe Exkurs).

Zusätzlich tritt beim Intervalltraining ein sog. Nachbrenneffekt auf. Nach intensiven Trainingseinheiten verbraucht der Körper auch nach dem Beenden der Einheiten eine grössere Menge an Sauerstoff. Damit steigt der Kalorienverbrauch. Je intensiver das Training, desto grösser dieser Effekt.

Exkurs Energiebereitstellung

Das Adenosintriphospat (ATP) kann als direkter Energielieferant der Muskulatur angesehen werden. Bei Muskelkontraktionen wird ATP zu Adenosindiphosphat (ADP) und Phosphat (P) gespalten. Durch diesen Vorgang wird Energie frei, welche für unsere sportliche Aktivität genutzt werden kann. Der Vorrat an ATP in unserem Körper ist aber sehr begrenzt. Zur Aufrechterhaltung der Belastung muss unser Körper daher bereits nach wenigen Sekunden ATP (wieder)herstellen. Diese sog. Resynthese von ATP geschieht durch eine chemische Reaktion von ADP und Kreatinphosphat (KP) zu ATP und Kreatin. KP ist ein Energiespeicher der in unserem Körper in grösserer Menge als das ATP vorliegt.  Mit Hilfe des vorhandenen KP kann unser Körper Belastungen bis rund 10 Sekunden aufrechterhalten. Dauert eine Belastung länger, muss unser Körper weiteres ATP durch die Resynthese gewinnen. Die Energie für die Resynthese gewinnt er grob auf zwei Arten: Die aerobe und anaerobe Energiebereitstellung. Welche Art der Energiebereitsstellung verwendet wird, hängt primär von der Intensität und nicht der Dauer der Belastung ab. Weiter besteht prinzipiell immer ein «Nebeneinander» der einzelenen Einergiebereitstellungsprozesse mit fliessenden Übergängen.

Unsere Hauptenergiespeicher sind Kohlenhydrate und Fette. Bei normaler sportlichen Aktivitäten gewinnt dein Körper Energie in dem er vorallem Fette und eine gewisse Menge an Kohlenhydraten verbrennt. Dabei wird Sauerstoff aus der Atmung verbraucht (aerobe Energiebereitstellung). Die aerobe Energiebereitstellung arbeitet ökonomischer als die anaerobe. Lockere Belastungen im aeroben Bereich können deshalb länger aufrecherhalten werden als intensive. Je intensiver die sportliche Aktivität ist, desto grösser ist der Anteil von Kohlenhydraten im Vergleich zur Verbrennung von Fetten. Ab einer bestimmten Intensität reicht der Sauerstoff aus der Atmung nicht mehr für die Energiebereitstellung aus. Der Körper schaltet auf die Energiebereitstellung ohne Sauserstoff ( anaerobe Energiebereitstellung) um. Dabei wird Glukose (natürliches Kohlenhydrat) zur Milchsäure abgebaut. Woraus dann u.a. das Laktat entsteht. Laktat wird bereits während der Belastung abgebaut. Wenn sich der Laktataufbau und -abbau die Waage halten, spricht man von einem Steady State. Je länger eine Belastung dauert und je intensiver diese ist, desto eher kann der Körper nicht mehr alles Laktat abbauen. Eine Übersäurung der Muskulatur ist die Folge. Deine Muskeln ermüden und deine Leistungsfähigkeit sink.

Energiebereitstellung nach Belastungszeiten

Für wen ist das Intervalltraining

Das Intervalltraining ist nicht nur für professionelle Sportler/innen. Auch ambitioniertere Freizeitsportler/innen können von Intervalleinheiten profitieren. Wichtig ist aber, dass du eine ausreichende Basis (Grundlagenausdauer) mitbringst, bevor du mit dem Intervalltraining beginnst. Es empfiehlt sich während 4 – 6 Wochen ein ausreichendes Fundament mit Dauerläufen für die ersten Intervalltrainings zu schaffen. Falls du eine Stunde oder 10km ohne grössere Probleme durchlaufen kannst und sich deine Kilometer-Zeiten durch die üblichen Dauerläufe nicht mehr gross verändern, machen gelegentliche, aber regelmässige Intervalleinheiten Sinn. Achte aber auf die richtige Dosierung. Mehr dazu erfährst du in den praktischen Tipps.

Praktische Tipps für dein Intervalltraining

Intervalltrainings im Laufsport kannst du auf der Tartanbahn oder auf deiner normalen Joggingrunde absolvieren. Auf der Tartanbahn kannst du dich an den Distanzmarkierungen orientieren. Die äusseren Gegebenheiten sind kontrollierbar und deine Zeiten damit vergleichbarer. Vielen Freizeitsportlern/innen ist das Training auf der Bahn aber zu monoton. Möchtest du dein Intervalltraining in deine normale Joggingrunde einbauen, ist eine Laufuhr oder ein Smartphone mit entsprechender App sehr hilfreich. Viele Laufuhren und Apps haben entsprechende Trainingsprogramme vorinstalliert. Diese zeigen dir über akustische oder taktile Signale an, wann du von der einen Phase in die andere wechseln sollst.

Aufwärmen vor dem Intervalltraining

Wir empfehlen dir, dich vor dem Start des Intervalltrainings gut einzuwärmen. Laufe 10 – 15 Minuten oder einige Kilometer in lockerem Tempo. Erst wenn dein Körper warm ist, solltest du mit den Belastungsphasen starten. Auch nach dem Training empfiehlt sich ein Auslaufen in ähnlichem Umfang wie beim Einlaufen. Das Tempo sollte dabei so gewählt werden, dass keine Zusatzbelastung mehr entsteht.

Wie lange soll mein Intervall sein?

Wie du dein Intervalltraining ausgestaltest, hängt von deinem Ziel ab. Möchtest du deine Leistung für einen 10km-Lauf verbessern, dürfen die Intervalle in der Tendenz kürzer sein als wenn du dich auf einen Halb- oder Marathon vorbereitest.

So könnten verschiedene Intervalleinheiten aussehen:
Belastungsphase Distanz Erholungsphase Wiederholungen
200 m 200/400 m 6-12
400 m 400 m 6-10
800 m 2 min 6-8
1 km 2 min 5-8
1.5 km 3min 3-4
 
Belastungsphase Zeit Erholungsphase Wiederholungen
1 min 1 min 8 – 10
2 min 1-2 min 6 - 8
3 min 2 min 5 - 8
5 min 2-3 min 4 - 6

Wie oft soll ich ein Intervalleinheit in mein Training einbauen?

Trainierst du 4 bis 5 Mal pro Woche solltest du 1 intensives Intervalltraining einbauen. Trainierst du 3 Mal pro Woche, kannst du ebenfalls 1 Intervalltraining einbauen. Dieses sollte aber deutlich kürzer sein als deine anderen Läufe. Wenn du 2 Mal pro Woche ein Lauftraining absolvierst, dann baue 1 Intervalltraining jede zweite Woche ein.

Generell solltest du nur ausgeruht in ein Intervalltraining gehen. Achte darauf, dass du 2 Tage vor dem Intervall keine anstrengenden Trainingseinheiten mehr absolvierst.

Mit welcher Intensität laufe ich in den Belastungsphasen?

Je länger die Belastungsphase dauert, desto tiefer liegt das Lauftempo. Wichtig ist, dass du dein angeschlagenes Tempo über alle Wiederholungen halten kannst. Versuche auch das Tempo innerhalb der einzelnen Belastungsphase konstant zu halten. Auf einen Schlussspurt am Ende der Belastungsphase solltest du verzichten.

Als Richtwert für das grobe Lauftempo während der Belastungsphase kannst du dein Maximaltempo (auch Wettkampftempo) eines flachen 10 Kilometer Laufes nehmen. Läufst du 10 Kilometer in 50 Minuten ergibt dies einen Kilometerschnitt von 5 Minuten pro Kilometer. Dauern die Belastungsphasen weniger als 2 Minuten empfehlen wir Intensitäten bis zu 10% über deinem Wettkampftempo. In dem Fall wären dies rund 4.30 Minuten. Dauern die Belastungsphasen mehr als 2 Minuten empfehlen wir Intensitäten bis zu 5% über deinem Wettkampftempo. In dem Fall wären dies rund 4.45 Minuten. Diese Angaben hängen aber wesentlich von der Länge der Belastungsphasen und deinem Trainingszustand ab.

Symbolkurve der Herzfrequenz während des Intervalltrainings. Abhängig von der maximalen Herzfrequenz

Was muss ich in den Erholungsphasen beachten?

Die Erholungsphasen sollten dabei so kurz sein, dass du dich nicht komplett erholst aber doch wieder genügen Kraft und Energie für die nächste Belastungsphase hast. Eine Faustregel besagt, dass die Erholungsphasen mindestens halb so lange wie die Belastungsphasen dauern sollten. Läufst du beispielsweise 1 Kilometer (Belastungsphasen) in 4 Minuten, sollte deinem Erholungsphase mindestens 2 Minuten dauern. Wir empfehlen dir während der Erholungsphase locker weiterzulaufen. Wenn möglich solltest du vermeiden, dass du gehen musst. Geht es nicht anders, kannst du allenfalls die Intensität oder Länge der Belastungsphasen anpassen. So dass du während der Erholungsphase mehr Kraft und Energie zur Verfügung hast.

«Es gilt gut auf deinen Körper zu hören»

Umfang des Intervalltrainings steigern

Hast du die ersten Intervalltrainings erfolgreich absolviert und möchtest den Umfang (Anzahl Wiederholungen oder Länge der Belastungsphasen) erhöhen, gilt es gut auf deinen Körper zu hören. Lass dir Zeit den Umfang zu erhöhen. Wir empfehlen dir dein Intervalltraining mindestens vier Wochen zu absolvieren bevor du den Umfang steigerst.

Das Intervalltraining ist ein intensives Lauftraining und beansprucht deinen Körper. Dein Kreislauf und die Muskulatur mögen sich relativ schnell an die neuen Belastungen gewöhnen. Bedenke aber auch, dass u.a. Knochen, Sehnen und Bänder mehr beansprucht werden. Langandauernde Überbelastungen können zu Entzündungen oder gar Ermüdungsbrüchen führen.

Fallen dir die Belastungsphasen über einen längeren Zeitraum immer leichter, bist du jeweils bereits vor dem Ablauf der Erholungsphasen komplett erholt oder könntest du nach dem Intervalltraining problemlos noch weitere Wiederholungen ansetzten, deutet dies darauf hin, dass du den Umfang steigern oder die Erholungsphasen verkürzen kannst. Den Umfang kannst du durch die Erhöhung der Wiederholungen oder die Verlängerung der Belastungsphasen steigern.

Fazit

Korrekt ausgeführt kannst du deine Leistung durch Intervalltraining steigern. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn du bereits mehrmals in der Woche läufst, deine Leistungen aber zu stagnieren beginnen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten dein Intervalltraining auszugestalten. Starte vorsichtig in das Intervalltraining und steigere dich über längere Zeiträume. Intervalltraining ist mit starken Belastungen für deinen Körper verbunden. Lerne deinen Körper zu verstehen und auf ihn zu hören.